„Nur wer sich selbst gut findet, arbeitet auch gut.“ (Blanchard & Johnson, Der Minuten Manager, 1981)

 

Über diesen Satz musste ich nachdenken. Was hat denn das Eine mit dem Anderen zu tun? Und überhaupt – ist dieses ganze „Selbstliebe-Thema“ nicht auch langsam durch? Steckt darin nicht auch das Risiko für die ohnehin Selbstverliebten, sich bei aller Selbstliebe Kritik gegenüber nicht mehr offen zu verhalten?

Wie FINDET man sich denn gut?
Und wie findet man sich GUT?

In diesen Fragen steckt so manches Thema aus ganz verschiedenen Bereichen der wissenschaftlichen Psychologie, z.B. aus Motivationspsychologie und Positiver Psychologie.
 

Beginnen wir mit dem Sich-Finden.

Das sollte kein Problem sein, meinen viele und finden das Finden gar esoterisch. Schließlich sind wir den ganzen Tag, rund um die Uhr, bei uns, kennen unsere Gedanken und Gefühle. Tatsächlich denken wir sehr viel über uns nach. Und unser Gehirn tut sehr viel dafür, uns von uns selbst einen stabilen Eindruck zu vermitteln. Dabei schwanken unsere Gefühle im Laufe eines Tages stark und viele verschiedene, nicht immer kongruente Gedanken sausen durch unseren Kopf. Es handelt sich um einen typischen Denkfehler, der Introspection Illusion (Pronin, 2009, Psychologie Chapter 1 The Introspection Illusion, Princeton) genannt wird, dem eigenen Erleben – auch gegenüber dem Erleben anderer Personen - zu viel Glaubwürdigkeit einzuräumen.

Dennoch lohnt es sich, das eigene Verhalten und das Wohlbefinden über die Jahre des Mitsichseins kennenzulernen, sich mit sich auszukennen und sich dementsprechend günstig auf Umgebungsbedingungen einzustellen. Es lohnt sich, herauszufinden, was wir gut können und was eher nicht. Wie verhalten wir uns in Krisen? Sind wir Fels in der Brandung oder die flüchtige Welle? Wie wichtig ist uns unser Ansehen? Wie verhalten wir uns, wenn wir Kritik erfahren? Wobei hüpft unser Herz?

#lifehack1: Schreiben Sie Ihre eigene Bedienungsanleitung. Und schreiben Sie sie fort, wenn sie sich verändert. Schätzen Sie sich und Ihre aktuelle Version, die Sie schließlich bis hierher gebracht und so oft unterstützt hat.

Zum Sich-finden gehören auch die eigenen Ziele. Kennen Sie Ihre Ziele? Ich finde diese Frage selbst immer wieder interessant und erfahre über mich, dass sich meine Ziele verändern, im Laufe meines Lebens, gar im Laufe mehrerer Wochen. Aber es gibt ein großes Ziel, nennen wir es Lebensziel, unter das sich alle meine Ziele gut subsummieren lassen. Im beruflichen Umfeld setze ich auch Ziele, bekomme aber auch permanent Ziele gesetzt, die ich in meinen Alltag integrieren muss und oft auch möchte.

#lifehack2: Um uns in der Spur zu halten, eignen sich Ziele, To Dos oder auch Pläne sehr gut. Denken Sie über Ihre Ziele nach. Was ist Ihr Lebensziel? Wie passen die Ziele Ihres Alltags zu Ihrem Lebensziel? Welchen Zielen möchten Sie wieder mehr Raum geben?

Es handelt sich um eine generelle menschliche Tendenz, den eigenen Selbstwert mittels selbstwertdienlicher Verzerrungen positiv zu manipulieren. So erklären wir für unsere Fehler gerne Ursachen aus der Umgebung als verantwortlich (daher wird an den Schulen dieser Welt jedes Jahr die schwerste aller Prüfungen ever geschrieben), während wir uns unsere Erfolge gerne persönlich zuschreiben (Wir sind einfach spitze, ist doch klar!). Natürlich mag beides auch genau so zutreffen. Der Fehler liegt in der generellen Denkweise, die ungeprüft einige fehlerhafte Entscheidungen nach sich ziehen kann, aber zunächst dafür sorgt, dass es unserem Selbstwert gut geht. In der wissenschaftlichen Forschung ist inzwischen gut untersucht, dass das Wissen über Entscheidungsfehler gut dazu beitragen kann, diese abzumildern.
Für unseren Selbstwert und damit unser psychisches Wohlbefinden ist es hilfreich, sich mit der eigenen Fehlerhaftigkeit (auch Menschlichkeit genannt) immer wieder zu konfrontieren, die psychische Spannung auszuhalten, wenn es Kritik gibt und damit die eigene Widerstandsfähigkeit zu trainieren.

#lifehack3: Bitten Sie ab jetzt regelmäßig Personen aus Ihrem Umfeld, Ihnen Kritik zu schenken. Diskutieren Sie nicht darüber, sond/ern hören Sie es an, denken darüber in Ruhe nach und entscheiden Sie, welche Punkte Sie davon aufgreifen möchten. Dabei gewinnen Sie immer: Sie erhalten die Perspektive anderer Menschen als Grundlage für die Entscheidung über die eigene Weiterentwicklung und trainieren gleichzeitig das Aushalten der psychischen Anspannung.

(Übrigens ist es gar nicht so leicht, Kritikgeber zu gewinnen, denn viele Menschen weichen zunächst aus und sorgen sich vor Konflikten. Bleiben Sie dran, es lohnt sich!)
 

Dann ist Sich-gut-Finden wohl leichter als gedacht?

Wie finden Sie sich denn? Auch wenn unser psychisches System uns regelmäßig mit positiven Illusionen über uns selbst versorgt, schätzen sich viele Menschen selbst – insbesondere im Vergleich mit anderen – nicht. Unsere Social Media Realität leistet dabei ihren Beitrag; übrigens nicht nur über Instagram, TikTok und Facebook. Auch beruflich interessante Plattformen wie XING und LinkedIn sind dafür geeignet, die Wahrnehmung über andere Personen positiv zu trimmen und sich selbst dabei abzuwerten.

#lifehack4: Nutzen Sie Social Media, wie Sie es möchten. Bedenken Sie dabei, dass weniger hier mehr ist. Nutzen Sie die Kanäle als Wissenstank und Austauschmöglichkeit. So handhabe ich es inzwischen. Alles andere, insbesondere die Selbstdarstellung anderer Personen auch im beruflichen Sinne interessiert mich weniger.

Es gibt allerdings noch so viel mehr als Social Media. Die Positive Psychologie untersucht seit rund 20 Jahren, welche Faktoren zu einer positiven menschlichen Entwicklung und eines lebenswerten, erfüllten Lebens beitragen, wie wir positive Emotionen erleben, günstige Verhaltensweisen entwickeln und unsere Stärken in die Tat umsetzen können (Blickhan, 2014, Positive menschliche Entwicklung, Selbstwert, Selbstmitgefühl und Flourishing, Psychologie in Österreich). Schon weit früher, nämlich Mitte des letzten Jahrhunderts, streckte die Resilienzforschung ihre Fühler zur Erkundung der Säulen psychischer Robustheit und Fitness aus. Diese menschliche Stärke zeigt sich in ganz verschiedener Weise, zum Beispiel durch die Fähigkeit, Widrigkeiten auszuhalten, unangenehme Gefühle zu akzeptieren und sich anzupassen. Dafür braucht es aber wohl vor allem Eines: Ein bei aller Dynamik stabiles Sich-Gut-Finden. Die American Psychological Association[1] empfiehlt 10 Schritte zur Entwicklung dieser Resilienz:

  • Soziale Kontakte schließen.
  • Probleme nicht als unüberwindlich ansehen.
  • Veränderungen als Teil des Lebens sehen.
  • Ziele anstreben.
  • Zum Handeln entschließen.
  • Auf Wachstumschancen achten.
  • Positives Selbstbild aufbauen.
  • Perspektive bewahren.
  • Optimistisch bleiben.
  • Für sich selbst sorgen.
  •  

    Wir können all diese Punkte hier nicht vertiefen, aber merken Sie etwas? Wir finden auch hier einige bekannte Punkte, wie ein positives Selbstbild, Selbstfürsorge, Zielsetzungen. Hinzu gesellen sich ein realistischer Optimismus sowie Handlungsbereitschaft. Wir kennen das alltagssprachlich vielleicht auch als Zuversicht, Motivation und Energie. Diese Konstrukte lassen sich aufladen. Ich denke, dass ihnen regelmäßige Pflege geradezu guttut, sie schützt und stärkt.

    #lifehack5: Bringen Sie Freude in Ihren Alltag. Jeden Tag. Ich habe keine Tipps für Sie, was Ihnen Freude bringen könnte. Hier sind Sie Ihre beste Ratgeberin oder Ratgeber. Sie können jeden Tag etwas Neues ausprobieren. Es kann etwas ganz Kleines oder etwas Ausladendes sein. Es gibt nur eine Grundbedingung: Es sollte Ihnen mindestens ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
     

    „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“

    … und ein gesunder Körper mit einem gesunden Geist. Das Thema ist groß und breit und recht motivierend. Ein paar Punkte möchte ich herausgreifen. Insbesondere in den ersten Monaten der Coronapandemie haben viele Menschen eine grundlegende Veränderung täglicher Gewohnheiten erfahren und sich kaum noch bewegt. Was das mit dem Gewicht macht, ist uns vermutlich klar. Aber auch die Auswirkungen auf die geistige Fitness und die Stimmung sind belegt. Ganz klar: Tägliche Bewegung (von etwa 45 Minuten in einem strammen Schritt) hält nicht nur Ihr Gehirn jung und die Stimmung positiv, sondern wirkt sich auch positiv auf die Telomerase aus. Das ist der Mechanismus, der dafür sorgt, dass wir langsamer und gesünder altern.

    Nichts kann einem die Tür zu sich selber besser öffnen als ein Spaziergang durch schlechtes Wetter.

    - Mark Twain

     

    #lifehack6: Bewegen Sie sich. Täglich. An der frischen Luft. Sie können zu Beispiel jeden Tag mit einem kleinen Spaziergang beginnen. Wenn Sie keine 45 Minuten Zeit investieren können, laufen Sie kürzer, aber bewegen Sie sich. Ja, Radfahren oder Schwimmen geht auch und was Ihnen noch so einfällt. Aber bewegen Sie sich aus eigener körperlicher Kraft.

    Jetzt habe ich Ihnen soeben noch das Tageslicht untergejubelt. Für ein Sich-gut-finden ist eine ausreichende Ausstattung mit Neurotransmittern, z.b. mit dem als „Glückshormon“ bezeichneten Serotonin, unerlässlich. Bewegung und ebenso Tageslicht regen die Synthese von Serotonin an. Also ab nach draußen, denn nirgendwo erhalten Sie so viel gesundes Licht wie unter freiem Himmel, selbst wenn die Sonne nicht scheint.

    Zu einem gesunden Geist gehört noch viel mehr, z.B. gehirnfreundliche Ernährung und gesunder Schlaf. Mit diesen Themen beschäftigen wir uns an anderer Stelle. Schließen möchte ich den heutigen Ausflug mit zwei sich gegenüberstehenden Gedanken:
    Wir brauchen mehr Zeit für uns selbst. Und wir brauchen mehr Zeit für die Menschen, die uns und die wir lieben.

    #lifehack7: Zeit für uns selbst, in Ruhe mit uns, haben wir alle wahrscheinlich viel zu wenig. Das ist die Zeit, in der wir denken oder träumen können, in der wir zur Ruhe kommen oder auch Aufwühlendes beachten können (siehe dazu mein Artikel Ruhe finden). Bauen Sie solche Zeiten doch ab jetzt in Ihren Tagesplan ein und genießen Sie sich.

    Gerade in anstrengenden Zeiten leiden aber auch unsere Kontakte zu lieben Menschen, „weil wir dafür nicht auch noch Zeit haben“. Natürlich dürfen wir uns auch einmal zurückziehen. Wenn das aber über Wochen und Monate so bleibt, kann es ernsthafte Folgen für unser Wohlbefinden haben. Vielleicht haben Sie einmal davon gehört, dass depressive Episoden häufig von sozialem Rückzug begleitet sind. Ebenso zeigt die Forschung, dass soziale Isolation zu depressiven Leiden führen kann. Drehen wir es um: Der Kontakt mit lieben Menschen ist ein elementarer Kraftspender und durch nichts zu ersetzen. Hier laden wir uns auf, erfahren uns als Teil eines größeren Gefüges und so manche Sorgen sind nicht mehr so viel wert. Zudem geben uns liebe Menschen wohltuende oder zumindest orientierende Rückmeldungen über uns selbst. Dadurch erhalten wir Zuwendung und erfahren, wie wir gesehen werden. So hilft uns das auch bei dem weiteren Beschreiten des Weges zu uns selbst … bzw. zu einer guten Beziehung zu uns selbst. Alles Gute!
     
     

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    [1] https://uncw.edu/studentaffairs/committees/pdc/documents/the%20road%20to%20resilience.pdf

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